Tag 997. Täglich locker und unangestrengt laufen, so weit die Füße tragen ist meine derzeitige Praxis. Locker und unangestrengt war es mir bisher in den fast tausend Tagen meines Laufens nicht möglich, in einem Monat 300 Kilometer zu laufen. Im Oktober letzten Jahres habe ich das Ziel um 14 km verpasst. Mit Gewalt hätte ich es bestimmt geschafft. Die 200 km hatte ich damals im August 2013 mit Gewalt erlaufen. Aber damit hatte ich alles, was mir beim Laufen zusagte, verraten. Ich will fröhliche Läufe laufen. Ich will noch bei Kräften sein, wenn ich wieder zu Hause bin. Stand heute fehlen mir in diesem Monat nur noch 28 km bis zu den 300 km. Den Sonntag und den Montag habe ich noch um diese Strecke zu erlaufen. Wenn nichts dazwischen kommt, dann könnte ich am Montag (Tag 999) erstmals die 300 Kilometermarke überlaufen. Allerdings wieder um den Preis ungeliebter Anstrengung. Und ich werde wohl wieder die neue Grenze mit Gewalt erlaufen, wenn es irgendwie geht. Ich weiß, andere Läufer laufen mein Monatspensum in einer Woche. Und ja, es kommt beim Laufen nicht darauf an, wie weit man kommt. Ja, wenn ich mich beim Laufen mehr anstrengen würde, hätte ich die 300 Kilometer schon längst geschafft. Ja, das mag alles stimmen. Und dennoch! Es ist ein Geschenk für mich. Es erfordert eine gewisse gesundheitliche Robustheit, verletzungsfrei nicht nur in einem Monat, sondern in einem Monat mit nur 29 Tagen, diese Strecke zurückzulegen. Vor allem aber hat mir das Laufen fast die ganze Zeit Spaß gemacht. Vielleicht werde ich eines Tages an einen Punkt kommen, wo ich bereit und in der Lage sein werde, mich mehr anzustrengen. Bisher ging es mir aber darum, leicht und locker zu Laufen und vor allen Dingen: dabei zu bleiben, das Laufen nicht aufzugeben! Danke, danke an alle, die mir geholfen haben dieses wunderbare Geschenk zu erhalten. Es war eine herrliche Zeit da draußen in der Natur bei Wind und Wetter, hügelauf und hügelab zu laufen. Ich freute mich über jeden Tierkontakt und über manche Menschen mit ihren lustigen Verhaltensweisen. Weiter, weiter, bitte!, lass es weiter gehen! Frei sein, laufen, schauen, atmen, glücklich sein, ja ich will es!
Am Sonntag (Tag 991) und am Montag (Tag 992) bin ich nur kurz gelaufen. Von Donnerstag bis Montag war ich müde. Ich lief nur die schnellen 4 km im Park. Auch das Krafttraining schaffte ich erst am Montag wieder.
Am Dienstag (Tag 993) lief ich wieder zum Badesee (20 km). Durch die etwas geruhsameren Tage zuvor fiel es mir leicht und ich konnte den Lauf genießen. Ganz leise meldete sich in mir eine Stimme, die sich für mehr Anstrengung, mehr Tempo aussprach. Vielleicht werde ich mich darauf einlassen, wenn mich die lockeren 20 Kilometer beginnen zu langweilen. Erstmal stehen die sommerlichen Schwimmrunden bevor, die zusätzliche Anstrengung abfordern. Und das Krafttraining muss ich ja auch noch verdauen. So werde ich wohl weiterhin einfach laufen und mich daran erfreuen.
Am Mittwoch (Tag 994) bin ich wieder die kurze Parkrunde gelaufen (4 km). Ich versuche jetzt immer gut auszuatmen und eine Überblähung der Lunge konsequent zu vermeiden. Dadurch kommt keine Kurzatmigkeit auf und ich kann durchlaufen. Grenze meiner Leistungsfähigkeit ist dann nicht die Atemnot, sondern das Gefühl, die Muskulatur versagt beim Atmen. Ich denke es ist ähnlich dem Erlernen des Dreierzug beim Kraulen. Da kam ich auch erst mir der Koordination der Atmung nicht klar, obwohl meine Lunge damals noch gut funktionierte. Ich bleibe dran und optimistisch. Abends habe ich mich noch etwas dem Krafttraining gewidmet. Eine gute Rumpfmuskulatur scheint mir für die Atmung unabdingbar zu sein.
Am Donnerstag (Tag 995) habe ich mich der 300 Monatskilometermarke um weitere 20 km genähert. Gedanklich bin ich schon im Countdown. Noch zwei lange Läufe, die normalen Zwischenläufe im Park und die Dreihundert sind geknackt. Dieser Lauf war kalt. Es schien zwar die Sonne, aber in der Nacht hatte es geschneit und ein eisiger Wind wehte. Ich spürte das Krafttraining vom Vortag – vor allem an den Hügeln. Ein Eichhörnchen hat über meinem Kopf auf einem Ast meinen Weg überquert. Im See tauchte der Kormoran ohne Beute plötzlich aus dem Wasser auf. Die eisige Dame kam gerade aus dem Wasser an das Ufer. Auf dem Heimweg segelten zwei Mäusebussarde elegant vor blauem Himmel.
Am Freitag (Tag 996) war ich sehr froh, daß ich nur die kleine Parkrunde eingeplant hatte (4 km). Mir saß der Lauf vom Vortag noch in den Knochen. Bei Eisregen, vermischt mit Schnee und kleinen Hagelkörnern lief ich. Nach anfänglicher Unlust fühlte es sich doch sehr gut und erfrischend an.
Heute, am Samstag (Tag 997) bin ich die Waldseerunde (14 km) gelaufen. Obwohl es schon der dritte lange Laufe in dieser Woche war, fühlte ich mich anfangs gar nicht mehr so müde wie am Vortag. Die Sonne schien und es war nicht so eiskalt und windig wie bisher in dieser Woche. Überall kamen schon die ersten grünen Sprossen hervor. Die lila Krokusse am Wegesrand zum Waldsee hin werden wohl alsbald erblühen. Dennoch ist der Haupteindruck noch winterlich. Ach ja, und ich habe das erstmals eine Haubenmeise erkannt. Gesehen hatte ich sie schon oft, wußte nur nicht wie das possierliche Tierchen heißt. Sie hatte außer dem Häubchen einen schwarzen Striche in Augenhöhe, als ob sie sich die Maske des Zorro ausgeliehen hätte.
Ob das Ziel, dreihundert Kilometer in einem Monat zu erlaufen, am Montag Geschichte ist, kann ich noch nicht sicher sagen, aber sicher kann ich kann sagen, die Geschichte hat mir bis hierher Spaß gemacht.
Ich wünbsche ein schönes Wochenende und eine gute Woche!