Tag 843. Letzte Woche habe ich die angepeilten 70 Wochenkilometer um 11 km verfehlt. Es wird wohl doch noch ein Weilchen dauern, bis 70 km in der Woche für mich normalerweise erreichbar sind. Seit Juli habe ich das fünf mal erreicht. Aber es ist schwerer als ich dachte.
Am Sonntag (Tag 837) bin ich nur ganz kurz gelaufen (1,64 km). Bei Sonnenschein bin ich gestartet. Gleich an der Ecke hat meine gemäß dem Experiment nach außen gelenkte Wahrnehmung einen Focus gefunden: Es stand ein roter Jaguar E Type auf der Straße, Baujahr 1968. Der Lack und alle Chromteile einschließlich der verchromten Speichen an den Rädern waren glänzend und einwandfrei, als wäre das Auto gestern aus der Fabrik gekommen. An der nächsten Ecke fing es dann an zu schütten, so daß ich von Kopf bis Fuß naß geworden bin. Eine sehr erfrischende Dusche und ich wäre am liebsten weiter und weiter gelaufen. Aber ich wollte ja nur ganz kurz laufen. So kehrte ich alsbald um und war dann wieder bei schönstem Sonnenschein zu Hause. Solche abwechslungsreichen Viertelstunden beleben das Dasein als Täglichläuferin.
Am Montag (Tag 838) bin ich recht unentschlossen losgelaufen, dann aber doch bis zum Badesee und zurück über den Waldsee nach Hause gelaufen (18 km). Am Waldrand stand ein riesiger weißer Champignon. Im Badesee sind tatsächlich noch drei Leute geschwommen. Am Waldsee habe ich einen Graureiher im Schilf beobachtet. Es erstaunt mich jedesmal wieder, wie orange sein Schnabel ist, wie dünn die langen Beine sind und wie konzentriert und angespannt er nach Nahrung Ausschau hält. Ansonsten knackte und krachte es überall, denn von den Bäumen schneiten die Eicheln herunter. Die Witterung war eine kühle herbstlich feuchte Luft, die durch Sonnenstrahlen beschienen sichtbar wurde. Das war nicht nur romantisch sondern auch angenehm kühl auf der Haut.
Am Dienstag (Tag 839) und am Donnerstag (Tag 841) bin ich jeweils die erweiterte Parkseerunde gelaufen (je 8 km). An beiden Tagen sind mir mehrere besonders rote Eichhörnchen begegnet. Ein Eichhörnchen saß 50 cm entfernt auf einem Gartenzaun starrte mich an und hielt sein Pfötchen vor der weißen Brust als wollte es sagen: „Ach je, hast Du mich erschreckt.“ In den Pfützen haben fröhliche Spatzen wohltuende Bäder genommen. Mein Lauf war locker und belückend und ich hatte ein Gefühl von Freiheit und Leichtigkeit.
Am Mittwoch (Tag 840) und am Freitag (Tag 842) war jeweils die Wadseerunde plus Trimm-Dich-Pfad angesagt (14 km). Immer noch wirkt es auf mich ein wenig absurd, daß Turngeräte mitten im Wald stehen und auf die Besucher warten. Wenn man sich aber darauf einläßt, ist man nach ein paar Wochen deutlich gekräftigt. Jedenfalls trifft das auf mich zu. Ich war siebenmal da und kann inzwischen zwei, drei Sprossen weit hangeln und mir tun die Hände nicht mehr weh. Irgenwie wächst Kraft und Koordination. An den Hunden, die auf dem Pfad ausgeführt werden, kann ich sehen, daß die Geräte nicht sehr häufig benutzt werden. Manche Hunde bleiben nämlich stehen, gucken aus goßen Augen und verdrehen den Kopf und versuchen zu verstehen, was dieser Mensch vor ihnen für seltsame Verrenkungen macht. Andere, robustere Naturen, kommen angerannt knurren mich an oder verbellen mich empört über das ungehörige Verhalten als wollten sie sagen: „Kenne ich nicht, also darf das nicht sein!“
Heute am Samstag (Tag 843) habe ich auf der Parkseerunde sowohl die 250 Kilometer Monatsmarke als auch die 70 Kilometer Wochenmarke überlaufen. Diese Woche fühlte sich leicht an. Ob es an der bewußt nach außen gerichteten Wahrnehmung lag oder am kühlen, aber schönen Herbstwetter, weiß ich nicht. Ein Genuß war es allemal. Ich wünsche allen eine schöne Herbstwoche!