Vor der Morgendämmerung

Tag 605. An Tag 601 bin ich langsam um den Waldsee geschnauft (14 km). Ich hatte Kopfschmerzen und kam nicht gut voran. Am Berg hatte ich eine Sauerstoffsättigung von 85 %. Tja, Pech! Vermutlich lag mein Hub Morgen-Foster schon zu lange zurück (mehr als 5 Stunden). Eigentlich bräuchte ich gar kein Pulsoximeter. Ich merke ganz deutlich, daß ich an der absoluten Leistungsgrenze bin. Das wird sofort wieder besser, wenn ich etwas langsamer werde oder ein paar Schritte gehe. Tag 602 habe ich dann mit der Kurzstrecke (1,6 km = 1 Meile) begnügt. An Tag 603 war wieder der Waldseelauf dran. Den bin ich schön langsam angegangen. Auch wenn der Lauf 14 km lang war, war es ein Regenerationslauf. Dieser Lauf hatte eine erfrischende und belebende Wirkung. Es war ein kalter aber heiterer Wintertag mit gelegentlichen Sturmböen. Zu Hause angekommen, fühlte ich mich glücklich und tatkräftig. An Tag 604 habe ich wieder nur einen Kurzlauf gemacht und dabei die 220 km im Januar überschritten. Tag 605 war wieder der Waldseelauf. Weil ich so früh aufgewacht war, war ich schon vor 4 Uhr in der Frühe unterwegs. In der Nacht war 10 cm Neuschnee gefallen. Das Mondlicht drang durch die Wolken und zauberte zusammen mit dem Schnee eine grandiose abenteuerliche Atmosphäre. Der Schnee knirschte unter den Schuhen und die Welt wirkte noch unberührt. So läßt sich der Winter aushalten! Diesen Monat bin ich das erste Mal 235 km gelaufen. Die km der Läufe stehen in der Kategorie Statistik.

In der Abenddämmerung

Tag 598. Das war eine eisige Woche. Der See war zugefroren. Auf den Bäumen lag Rauhreif. Der Wind blies kalt. Die Sonne hatte sich verkrochen. Dennoch fühlt es sich einfach gut an, wenn ich draußen in der Eiseskälte den Winterwald erlebe und jetzt schon höre, wie die Vögel singen. Der Frühling naht! Die Tage werden wieder länger. Dreimal war ich am Waldsee (je 14 km). Es gibt einige Tage, an denen ich die Strecke nicht mehr als sehr lang empfinde. Dann gibt es aber auch wieder andere Tage, an denen ich überlege, ob ich nicht doch einen weiteren Kurzstreckentag einlegen sollte. Ein solcher Tag war der Freitag (Tag 597). An diesem Tag habe ich bis kurz vor Beginn der Dämmerung den Lauf aufgeschoben. Dann bin ich aber doch noch gelaufen. Es war sehr schön in der Dämmerung. Als ich am Waldsee ankam, war der Himmel in ein zartes Lila getaucht und die beiden weißen Schwäne haben in der beginnenden Dunkelheit weiß geleuchtet. Sehr schön! Ein Schwarm Krähen ist geschwätzig über den See geflogen. Als ich wieder zu Hause war, war ich so froh, daß ich mich doch aufgerafft hatte! Ob ich mich inzwischen daran gewöhnt habe, jeden zweiten Tag 14 km zu laufen? Meine Atmung jedenfalls war nach den 14 km schon nach zwei Stunden wieder „normal“. Vor ein paar Wochen brauchte ich nach der Waldseerunde den gesamten Kurzstreckentag, bis sich mein Peak-Flow normalisiert hatte. Ich staune immer wieder, wie sehr der Körper sich anpassen kann.

Die laufende Salami

Tag 591. Am Montag (Tag 586) bin ich nach der Zahnprophylaxe „gelaufen“. Es war windig, ich war entnervt, weil mir jeder Zahnarzttermin ein Graus ist. Ich lief sehr langsam die Waldseerunde (14 km). Danach habe ich mich erstmal nach Laufinspiratoren umgesehen und bin hier hängengeblieben: https://blacksensei.wordpress.com/category/5000-jahreskilometer/. Ich hätte mir eine Salami vor die Nase halten sollen, dann wäre ich vielleicht glücklich hinter der durftenden Wurst hergerannt. Der Lauf konnte aber auch ohne Salamiduft das Zahnarztgrausen in die Vergangenheit verbannen. Am Mittwoch (Tag 588) war es sonnig und die Waldseerunde fühlte sich wieder richtig gut an. Der Graureiher saß am Ufer und hat in der Sonne genüsslich sein Gefieder gepflegt, die beiden Schwäne haben gegründelt. Zwei Meisen haben im Flug für Nachwuchs gesorgt. Der Frühling kann kommen! Am Freitag (Tag 590) habe ich den Waldseelauf auf Samstag (Tag 591) verschoben. Ich war müde und habe mich irgendwie nicht wohlgefühlt. Heute (Tag 591) war ich ausgeruht und konnte richtig gut atmen. Auf dem Weg zum Waldsee habe ich gesehen, wie ein Falke einer Taube nachgestellt hat. Der Falke war sehr schnell, so daß die Taube langsam und plumb wirkte. Plötzlich, kurz bevor der Falke die Taube erreicht hatte, ist die Taube in Sinkflug gegangen, der Falke hinterher. Ich konnte beide nicht mehr sehen. Der Lauf um den Waldsee war schön. Am Waldsee angekommen sah ich wie der Graureiher etwa hundert Meter nahe der Seeoberfläche segelte. Wenn die Flügel ausgefahren sind, ist das schon ein gravitätisches Tier. Dann kam auch noch die Sonne für kurze Zeit zum Vorschein und hat herabgelächelt. Da wußte ich wieder, daß Laufen eine wunderbare Bereicherung des Lebens ist.

Richtig glücklich

Tag 584. Morgens stehe ich auf und habe keine Atmenot. Das macht mich richtig glücklich. Diese Woche habe ich vier Läufe zum Waldsee gemacht. Am Dienstag (Tag 580) ist mir ein Falke fast an den Kopf geflogen. Der hatte es ganz schön eilig und nutzte die Flugschneise über dem Waldweg und damit auch über meinem Kopf. Die milden Temperaturen und das bevorstehende Frühjahr scheint manche Vögel schon zur Planung des Nachwuchses anzuregen. Am Mittwoch (Tag 581) bin ich fast über zwei fette Ratten gestolpert. Die eine ließ das Fressen im Stich rannte über den Weg in das Gebüsch, die andere konnte sich vom Fressen nicht trennen und blieb mitten im Weg sitzen. Am Donnerstag (Tag 582) habe ich schon morgens im Bett eine Amsel singen hören. Unterwegs ist mir ein Eichhörnchen begegnet und der Grauhreiher saß wieder am Ufer und schaute auf den See. Die beiden Schwäne gründelten am gegenüberliegenden Ufer. Heute (Tag 584) war warmes Wetter nach dem Sturm. Das hat mir kreislaufmäßig etwas zu schaffen gemacht, war aber erfrischend. Der Graureiher saß wieder am See und die Schwäne haben wieder gegründelt. Alles wie gehabt. Alles in Ordnung.

Frühe Läufe

Tag 577. Anfang letzter Woche haben die weißen Kristallwesen auch meine Laufgegend besiedelt. Am Montag (Tag 572) bin ich auf meinem Waldsee-Lauf (14 km) durch 15 cm Pulverschnee gelaufen. Auf den Bäumen, den Zweigen und auf jedem einzelnen Ästchen lag ein Schneehäufchen. Wo die Schneedecke noch unberührt war, glitzerte die ganze Fläche, als würden die Kristallwesen lauter kleine Spiegelchen in ihren Händchen halten. Dazu kam strahlende und erstaunlicherweise auch schon wärmende Sonne aus blauem Himmel. Nach manchem trüben Tag in den vergangenen Wochen war das helle Schneelicht eine Wohltat für die Seele. Der Lauf durch den Pulverschnee hat zu einem bemerkenswertem Muskelkater in den Oberschenkeln geführt. An Neujahr (Tag 575) war die ganze Pracht schon wieder dahin. Die Waldwege waren vereist, was meinen frühmorgendlichen 18-km-Neujahrslauf teilweise zu einer Schlitterpartie werden ließ. Als ich am Feld vorbeikam sah ich im Himmel über dem Feld, wie ein Falke einer Krähe nachstellte, die allein war. Ich habe das schon öfter gesehen, aber da kamen der einzelnen Krähe sofort andere Krähen zu Hilfe. Bevor ich sehen konnte, wie die Jagd endet, verschwanden Falke und Krähe hinter einem Haus, so daß ich sie aus den Augen verloren habe. Die Schwäne haben wie immer gegründelt.